Wir
kommen daher aus dem Morgenland ... yeah!
150 Sternsinger aus dem Dekanat Lohr wurden am Freitag ausgesandt
Von Yvonne Vogeltanz
Lohr
Festlich gekleidet
und mit einem Stern vorneweg sind jedes Jahr rund um den 6. Januar
bundesweit 500.000 Sternsinger unterwegs. Als Heilige Drei Könige
bringen sie mit dem Kreidezeichen „C+M+B” den Segen
„Christus mansionem benedicat - Christus segne dieses
Haus” zu den Menschen und sammeln für Not leidende Kinder. Über
150 „Könige“ aus dem ganzen Dekanat Lohr wurden am Freitag für
diese wichtige Aufgabe „fit“ gemacht. Die Main-Post begleitete
die „Friedensbringer“ bei ihrem abwechslungsreichen Programm,
das nach Workshops und einem großen Zug durch die Lohrer Altstadt
ihren Höhepunkt im feierlichen Aussendungsgottesdienst in St.
Michael fand:
Die Tür zur Aula der Lohrer Realschule öffnet sich, Kinder
bepackt mit großen Sternen aus Sperrholz, Weihrauchfässern und
selbst gebastelten Kronen strömen in den Raum. „Dort hinten in
dem Klassenzimmer könnt=2 0ihr euch umziehen“, ruft eine junge
Frau in die Menge. Gesagt, getan. Die Schreibtische werden mit
allerlei Dreikönigs-Utensilien belagert, der große Kartenhalter
neben der Tafel dient als Kleiderständer. Mitten im Gewusel sind
auch Anna, Maurice und Alicia aus Rechtenbach. Im Nu streifen sie
ihre weißen Gewänder über, um die Hüfte wird ein farbiges
Satin-Band gebunden, zuletzt folgt ein prächtiger Umhang. Während
Maurice seine selbstgebastelte Krone auf dem Kopf richtet beäugt
Annas Mutter Kathrin, die als Begleitperson mit von der Partie
ist, die Tube schwarzer Farbe in ihrer Hand. „Black makeup.
Wasserfest“ liest sie vor. „Naja, das haben wir letztes Jahr
auch wieder runtergekriegt“, lacht sie, tunkt ihre Finger in die
Farbe und beginnt, Annas Gesicht über und über mit der schwarzen
Farbe zu bemalen. Aus Anna soll schließlich der „Mohr“
werden. Nach knapp 15 Minuten haben sich Anna, Maurice und Alicia
in die Könige Caspar, Melchior und Balthasar verwandelt. Sobald
sich alle 150 Mädchen und Jungs in Könige verwandelt haben,
treffen sie sich in der Aula, wo Dekanatsjugendseelsorger Thomas
Geuppert erklärt, um was es bei der diesjährigen
Sternsingeraktion geht: „Kinder suchen Frieden – buscamos la
paz“ ist das Motto, die gesammelten Spenden sollen
Hilfsprojekten in Kolumbien zu Gute kommen. „Ihr alle habt
dieser Tage eine ganz wichtige Mission. Und diese Mission macht
ihr der Bevölkerung bekannt“, sa gt Geuppert und lässt ein
Lied dabei laufen. „Paz, paz, paz!“ heißt es und stammt von
dem kolumbianischen Star Juanes. Der Einsatz der Sternsinger für
sein Heimatland Kolumbien hat ihn so sehr beeindruckt, dass der
Popstar den Song exklusiv für die Sternsinger geschrieben hat.
„Paz“ heißt Frieden und anhand eines Filmes über Kolumbien
macht Geuppert den Sternsingern deutlich, dass es den Menschen in
dem südamerikanischen Land an vielem fehlt, vor allem aber an
Frieden. Den Frieden sollen die Sternsinger nun in die Häuser
bringen. In drei verschiedenen Workshops sollen sie fit gemacht
werden für die große Sternsinger-Aktion. Los geht’s mit dem
Soundchek. Dort werden die Könige musikalisch auf den
Aussendungsgottesdienst vorbereitet, Lieder werden geprobt.
„Vorsänger“ und Regionaljugendseelsorger Manfred Müller will
von den Kindern wissen welche Lieder sie den Leuten an den Türen
vorsingen. „Wir haben nur ein Gedicht und kein Lied“,
behauptet der elfjährige Marcel. Auf weitere Nachfragen gibt er
zu, dass in seinem Ort ein traditionelles Sternsinger-Lied
heimlich etwas modernisiert wurde – und beginnt zu rappen:
„Wir kommen daher aus dem Morgenland. Wir kommen geführt von
Gottes Hand. Wir wünschen euch ein frohes Jahr, der Caspar, der
Melchior, der Balthasar…. Yeah!“ Müller kann sich ein
herzhaftes Lachen nicht verkneifen. Im zweiten Stock ist Basteln
angesagt. Unter Anleitung werden kleine „Cometas aus bunten
Wollfäden, die um zwei gekreuzte Zahnstocher geschlungen werden,
hergestellt. „Cometa“, so nennt man in Kolumbien den
Flugdrachen und sie sind wie bei uns ein beliebtes Spielzeug. Sie
haben dort aber auch eine besondere Bedeutung: sie symbolisieren
die Freiheit und den Traum vom Frieden, den die kolumbianischen
Kinder haben. Dekanatsjugendseelsorger Geuppert spitzt in den
Raum, schaut sich an was die Kinder basteln und freut sich über
das Gelingen der ganzen Aktion: „Wir bieten Spiele und
Basteleien an um auf die Situationen in Kolumbien hinzuweisen, um
zu zeigen wie es dort ist“, erklärt er. Damit hat auch Workshop
Nummer drei zu tun: Im Spiel „Nur gemeinsam sind wir stark“
sollen die Kinder erfahren, dass Kooperation und Gemeinsamkeit zum
Ziel führen. In Kolumbien versuchen viele Friedensprojekte,
Menschen zusammenzubringen und zu einem gemeinsamen friedlichen
Handeln zu motivieren. Spielerisch sollen die Sternsinger in Lohr
probieren, zu zweit jeweils ein Bein durch Löcher einer Zeitung
zu stecken und versuchen sich so zusammen fortzubewegen. Gar nicht
so einfach, doch einige Zweierteams lernen schnell: nur gemeinsam
sind wir stark. Nach zwei Stunden Workshops ist es so weit, der
große Zug durch die Stadt steht an. Während viele Gruppen ihre
eigenen mitgebrachten Weihrauchfässer anschüren, steigt vor der
Realschule schon duftender Rauch auf. Im größten trag- und
schwenkbaren Weihrauchfass der Welt wurden die Kohlen entzündet,
fasziniert stehen Menschen da vor und begutachten das zwei Meter
hohe und 96 Kilo schwere Gefäß aus Münsterschwarzach. Die
Lohrer Feuerwehr ist auch da. Nicht, um dem rauchenden Fass den
Garaus zu machen wie ein kleiner König grinsend vermutet, sondern
um den Zug sicher durch die Stadt zu geleiten. Unter musikalischer
Begleitung zieht schließlich die beachtliche Schar Sternsinger
von der Realschule über die Anlagen- und Alfred-Stumpf-Straße
durch die Fußgängerzone. Mit im Gepäck ist natürlich auch das
überdimensionale Weihrauchfass. „Die Leute haben ganz schön
geguckt als wir durch die Fußgängerzone gelaufen sind. Das war
schon was besonderes“, sagt Geuppert dann im
Aussendungsgottesdienst in der Pfarrkirche St. Michael. „Wir
haben ganz schön viel Wind gemacht“, spannt Geuppert mit einem
Blick nach oben den Bogen zu den Workshops. Denn siehe da – hoch
oben im Altarraum hängt ein riesiger „Cometa“. Allerdings
bewegungslos. Und Geuppert fordert die Sternsinger auf, noch
einmal richtig Wind zu machen. Und auch nach dem Motto
„Gemeinsam sind wir stark“ schaffen es die versammelten
Menschen, den Drachen „fliegen“ zu lassen. Kaplan Sebastian
Herbert, der den Gottesdienst mitzelebriert, erläutert noch
einmal die Bedeutung der Cometas ehe Geuppert in seiner Predigt
darauf eingeht, dass die Sternsinger in diesen Tagen „Im Auftrag
Gottes“=2 0unterwegs sind und Frieden in die Häuser bringen.
Doch er wünscht sich auch, dass die Kinder ihre Cometas gut
aufheben. Nach dem Motto: „Ich bringe den Frieden. Und zwar
nicht nur jetzt, sondern auch wenn ich meine Krone wieder
abgenommen habe.“ Zum Abschluss des langen Tages erbittet
Geuppert Gottes Segen für die Sternsinger und schickt sie mit dem
Lied „Stern über Bethlehem“ hinaus an jede Tür um Frieden
und den Segen zu verbreiten. |